Eurobike Awards
Es ist schon bemerkenswert: Sowohl 2021 als auch 2023 sind wir mit einem UpCycling-Fahrrad ins Finale des Eurobike Awards gekommen. Bemerkenswert weniger, weil wir so unglaublich toll sind, sondern weil beide Male zwei völlig unterschiedliche Jurys an zwei unterschiedlichen Messestandorten das Thema Nachhaltigkeit nur völlig oberflächlich angekratzt haben. Oh ja, gerne schickt uns ein Rad, ihr seid im Finale. Tolle Sache, mit der Nachhaltigkeit. Aber: Nachhaltigkeit ist erklärungsbedürftig, auf den ersten Blick sieht man das einem Rad ja nicht unbedingt an.
2021 wurden unsere Erläuterungen in Papierform nicht angerührt, sie waren im Lieferscheinfach nach der Rücksendung noch an Ort und Stelle und kein Klebestreifen entfernt. Der von der Eurobike 2022 vermittelte Termin mit dem SWR-Fernsehen wirkte da nach unserer Beschwerde fast wie ein bisschen schlechtes Gewissen. Vielleicht sollte es auch bedeuten: Nervt nicht. Und, na klar, wir hatten keine hippe Innovation an dem Rad. Und gewinnen konnte nur eine Innovation. Wer mit einer Innovation gewann, konnte zusätzlich den Green Award erhalten. Unsere Innovation hieß Nachhaltigkeit, diese wurde nicht anerkannt. Wir also raus.
2022 fand der von der Eurobike vermittelte SWR Termin statt. Der Moderator fragte mich, warum sich nicht mehr Unternehmen in der Branche dem Thema Nachhaltigkeit annehmen. Ich konnte die Frage nicht beantworten.
2023 dann die Neuigkeit: Nachhaltigkeit sollte gleichwertig zu Innovationen und anderen Kriterien behandelt werden. Wir bewarben uns im Wortsinn fünf Minuten vor zwölf mit unserem Modell SAYA in der Kategorie Fahrrad. Und wieder: Toll, ihr seid im Finale.
Unser Rad gaben wir fristgerecht in Frankfurt ab. An dem Rad hing ein gut sichtbarer QR Code mit der Aufforderung: Scan Me! Der Code klebte auf fünf Seiten des Fahrradkartons. Er verwies auf eine geheime Website für die Jury.
Angesehen hat sich die Erklärungsseite mit jeweils einem kurzen Video in Englisch und Deutsch keiner der sechs Juroren. Bis heute liegt uns kein transparentes Bewertungsschema, keine Begründung oder ähnliches vor. Außer der Absage wissen wir nichts. Jedes Fussballspiel ist transparenter! Naja, dachten wir, der Gewinner wird mindestens genauso viel Arbeit rein gesteckt haben, wir gönnen ihm seinen Erfolg und lernen. Dann standen wir auf der Eurobike und suchten. Nach dem Gewinner in der Kategorie Fahrrad. Hochcarbonisierte E-Bikes gab es gleich mehrfach, für die nachhaltige Mobilitätswende. Ein Fahrrad gab es nicht. Naja, ich habe mal nachgerechnet: Es gab aus über 300 Einreichungen 45 Awards. Wenn auch nur 90 ins Finale gekommen sind (was niemand weiß), hatten die Juroren verteilt auf zwei Tage pro Produkt 10 Minuten Zeit. Keine Zeit für Nachhaltigkeit. Es gibt Business zu tun. Weiß denn dieses Business, dass direkt nebenan beim Future Mobility Forum das Thema Transparenz angesprochen wurde? Führende Köpfe aus der Branche auf der Bühne darüber gerätselt haben, wie die Branche nachhaltiger werden könnte? Und dass sich gerade die DIN ein Jahr lang mit 550 Experten um das hochkomplexe Thema Circular Economy gekümmert hat? Was wären die 15 Minuten Video zu den 550 Jahren DIN Arbeit gewesen, ein Klacks. Und hey, unser Rad war keinesfalls perfekt. Aber das waren das erste Auto und das erste Handy auch nicht. Und nein, es geht nicht um gekränkte Ehre. Es ist erschreckend, wie wenig sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt wird.
Das Bio-Bike ist tot, es lebe das zirkuläre Bio-Bike. Da wir gerade die Zusage bekommen hatten, als erster Fahrradanbieter auf Deutschlands größtem Shop für nachhaltige Produkte, dem Avocado Store, verkaufen zu können, konnten wir unsere Fotos früher produzieren, so dass wir kurioserweise einen Vorteil bekamen durch die Absage. Aber wir hätten ja eigentlich gerne mal gelernt. Leider nicht möglich mit Intransparenz. Schade! Diese Transparenz haben wir dann im Avocadostore gegeben: Wir erfüllen 9 der 10 Nachhaltigkeitskriterien. Den zehnten haben wir nur deshalb nicht, weil er sich auf Textilien bezieht. Und unser Bio-Baumwoll-Felgenband damit zu verbinden, fanden wir dann doch etwas albern.
Ich frage mich, warum wir mit unser Mini-Marke die einzigen im Avocado Store sind. Wir kommen jetzt auch als erster auf Greenpicks, und wir haben als erster Upcycling Bikes auf Refurbed. Warum machen denn alle so wenig? Was könnten wir alle zusammen erreichen? Es wäre unglaublich.
Und hey, versprochen, wir werden nerven. Zum Beispiel in unserer Eigenschaft als Mitglied der CSR and Sustainability Expert Group der CIE. Bis die Branche grün ist und nicht nur grün angepinselt.