Mythos Recycling

Ich höre immer wieder: Hey, das ist doch recycelbar, ist doch gut für die Umwelt! Schauen wir uns das mal genauer an. Ein Produkt, sagen wir mal eine Süßigkeitenverpackung ist recycelbar. Das ist erstmal gut! Aber wo ist der Kreislauf, der das Ganze dann tatsächlich zum Guten führt? Die Verpackung besteht höchstwahrscheinlich aus einem erdölbasierten Kunststoff. Eigentlich ist dieser Kunststoff viel zu wertvoll, um ihn einmalig als Verpackung zu verwenden. Man könnte diese Verpackung so gestalten, dass sie anschließend nochmal verwendet wird. Fehlanzeige. Man könnte Granulat draus machen und mit Energieaufwand ein neues Produkt daraus machen. Da gibt es zum Beispiel die gelbe Tonne, die das gewährleisten soll. Etwa 60% (2020) der Kunststoffverpackungen in Deutschland werden recycelt. 2018 waren es noch knapp 48%. Toll, oder? Das hat sich aber nur verbessert,, weil sich 2019 die gesetzlichen Vorgaben geändert haben. Die Menge an Verpackungsmüll aus Kunststoff  hat sich von 1995 bis 2021 aber mehr als verdoppelt. Das ergibt insgesamt eine Verschlechterung seit 1995. Acht Prozent des in der Arktis gefundenen Plastikmülls stammen aus Deutschland. Wenn Recyclingsysteme alles lösen könnten, stünde Deutschland seit der Einführung des Recyclings in den 80er Jahren jetzt erheblich besser da. 40 Jahre für die Tonne?

Kunststoffabfälle in Deutschland - NABU

Deutscher Plastikmüll in der Arktis | tagesschau.de  

Noch ein paar Beiträge zum chemischen Recycling von Kunststoff (also die unterste Stufe der untersten Kreislaufführung, noch vor dem wertstofflichen Recycling). Die Mär verstößt gegen die Gesetze der Thermodynamik. Das betrifft auch alle Reifenhersteller, die nun mit pyrolysebasierter Kreislaufführung werben:

Das Wegwerf-Prinzip | Greenpeace

Chemisches Recycling bei Kunststoffabfällen (wwf.de)

Chemisches Recycling von Kunststoffen - NABU

Recycling which defies the laws of physics: Why pyrolysis is not the answer | Media Centre | Loughborough University (lboro.ac.uk)  


Im Fahrradbereich sieht es so aus:

  • Carbonprodukte sind nicht recycelbar
  • alle weiteren Verbundwerkstoffe sind nicht recycelbar
  • Metall ist unter hohem Energieaufwand recycelbar
  • Aluminiumrahmen brechen nach überschaubarer Zeit und sind mit hohem Energieaufwand recycelbar
  • recycelbare Aluminiumprodukte kommen gerne aus China; Aluminium aus China ist erheblich dreckiger als europäisches Aluminium
  • Lithium-Ionen-Akkus produzieren gigantische Mengen an Sondermüll und produzieren erhebliche Probleme in den Abbaugebieten
  • Wertstoffrückführungssysteme existieren in der Branche nicht
  • Wegwerfmentalität und Verkaufssteigerungen sollen über die Verkehrswende die Welt retten
  • Reifenprodukte, die gegen die Gesetze der Thermodynamik verstoßen, werden als "grün" verkauft

Darum ist Aluminium nicht gut für die Umwelt - quarks.de

Warum wir dringend eine Rohstoffwende brauchen! | AK-Rohstoffe


Recycling kann ein sinnvoller Baustein der Kreislaufwirtschaft sein. Alleine bewirkt er nicht automatisch das, was sinnvoll ist. Das sind die anderen Bausteine, welche DAVOR gedacht und umgesetzt werden müssen:

Reduce: Wir produzieren nur das, was benötigt wird. Wir verzichten dabei auf Giftstoffe und alles, was nicht gut tut. Byebye, Li-Ion-Akku, byebye Carbon. Byebye hohe Lagerbestände und Konsumerismus.

Reuse: Wiederverwenden. Dazu benötigen wir hohe Haltbarkeiten. Bybye Aluminiumrahmen. Byebye Billiglagerungen. 

Refurbish: Dazu benötigen wir die Reparierfähigkeit und aufarbeitungsfähige Oberflächen. Byebye Vollverkapselung. Byebye Verpressungen und ähnliches.

Remanufacture: Komplett zerlegen, die Einzelteile aufarbeiten, erneut produzieren. Byebye lineare Wirtschaft.

... und erst, wenn nichts anderes mehr geht, Recycling. Und das bitte mit regenerativer Energie.

Dafür benötigen wir Produkte im Eco Design. Wir müssen über Geschäftsmodelle zu Produkten im Eco Design sprechen statt über Recycling. Beim Eco Design ist die unterste Kreislaufführung selbstverständliche Voraussetzung für die darüber liegenden Ebenen. Die Circular Economy entkoppelt den Recourcenverbrauch von unserem Lebensstil.

Im Kern müssen wir also UMDENKEN. Und nicht so weiter machen wie bisher und alles dem Recycling zuführen. Das ist anstrengend und mühselig, völlig richtig!

Und jetzt sprechen wir über die gigantischen Chancen:

  • Eine saubere und giftfreie Welt
  • weniger Bergbau und stattdessen Natur
  • Klimakrise im Griff
  • wirklich saubere Mobilität
  • Die Smart Factory der Zukunft koordiniert diese Ebenen irgendwann selbstständig und wir kümmern uns um die wichtigen Dinge im Leben (Gesundheit, Familie).
  • Wohlstand UND hohe Lebensqualität für alle

Warum sollten wir uns mit einer angemalten Raupe (=Greenwashing) zufrieden geben, wenn wir den Schmetterling (=nachhaltige Transformation) haben können? Wir begrenzen uns mit unser Angst und unser Bequemlichkeit selbst. Wir könnten das Paradies auf Erden haben.