Wie alles begann

 

Der einfache Weg war noch nie etwas für uns. Wir dachten ganz naiv, dass wir mal ein paar umweltfreundlichere Fahrradprodukte erfinden könnten. 2019 wurden wir dafür noch belächelt. 

Dann kamen wir darauf, dass es eigentlich eher ein neuartiges Geschäftsmodell werden müsste. 

Mittlerweile ist klar, dass die globalen Krisen Gesundheit, Umwelt & Klima, Sozialschere und Demokratie vs. Autokratie nun alle mit deutlich erhöhter Dringlichkeit beantwortet werden müssen. 

Und nun stellen wir fest, dass wir mit unseren Produkten nach dem ein oder anderen Rückschlag (zwei Schritte vor, einen zurück) die Zukunft gestalten können. 

Wenn wir das vorher gewusst hätten, wären wir vermutlich vor Schreck zu gar nichts gekommen. Wie gut, dass wir so naiv waren und einfach mal angefangen haben. 

Fangt auch an zu gestalten, ansonsten tun es andere, die in eine andere Richtung wollen. Fangt heute an, einfach so, und macht. Dann werden wir alle dringenden Fragen gleichzeitig beantworten können. Weil alle Krisen zusammenhängen und deshalb mit einem ganzheitlichen Ansatz auch gelöst werden können.

Die Zukunft ist JETZT.


Im November 2019 luden wir bei frostigen Temperaturen in unsere neue halboffene Werkstatt zum Thema “nachhaltige Fahrräder“ ein.

Wir boten Fahrräder an, die wir aus Schrott bauten, sowie italienische Holzfelgen, Gürtel aus alten Reifen und Fahrradfolierungen. Ab diesem Zeitpunkt setzten wir uns tiefgehend mit vielen offenen Fragen auseinander: Was bedeutet eigentlich Nachhaltigkeit? Sind hochwertige Fahrradteile aus Fernost schlechter als einfache Teile aus Europa? Wie kann Nachhaltigkeit bezahlbar werden? Welche Materialien sind sinnvoll? Ist Kunststoff immer schlecht und Holz immer gut?

Zunächst stocherten wir im Nebel und arbeiteten nach dem Prinzip “trial and error“. Wir probierten, verwarfen, entwickelten erfolgreiche Ansätze weiter und begruben andere wieder. Unsere Erkenntnisse arbeiteten wir in unsere Angebote ein und testeten am Markt, was angenommen wurde und was nicht. Wir boten Herstellern Kooperationen an, aber wir wurden von den meisten nicht ernst genommen. Wir haben 2021 mit einem UpCycling-Fahrrad beim Eurobike Award teilgenommen und sind auf Anhieb ins Finale gekommen. 

Hier ein kleiner Eindruck aus dieser Zeit:

Liebe Hersteller, unsere Erkenntnisse sind ernüchternd. Wir müssen feststellen:

  • Viele Alurahmen sind so gebaut, dass sie brechen.
  • Pedale halten nicht.
  • Steuerlager halten nicht.
  • Moderne Tretlager halten schlechter als vor 25 Jahren.
  • Das BSA-Gewinde abzuschaffen, ist ein Rückschritt in die 70er Jahre.
  • Schalthebel halten nicht und können nicht repariert werden.
  • Schaltwerke aus Composite Material halten nicht.
  • Antriebsteile könnten deutlich haltbarer sein.
  • Mittelklasse-Getriebenaben halten nicht, werden in Kombination mit Mittelmotoren sogar systematisch zerstört.
  • Nabenlager könnten erheblich länger halten, wenn sie einfach nur ihre Schmierung behielten.
  • Carbon basiert auf Erdöl und wird später zu Sondermüll.
  • Bremsen mit DOT Bremsflüssigkeit werden innerhalb weniger Jahre unbrauchbar und enthalten giftige Substanzen.
  • Bremsen mit Mineralöl sind mitunter äußerst haltbar, enthalten aber immer noch giftige Stoffe.
  • Es gibt jede Menge billige V-Brakes mit ausreißenden Zuggegenhaltern, seit über 20 Jahren, und gerne an Kinderrädern.
  • Die meisten Sättel sind so gebaut, dass sie nicht aufgearbeitet werden können.
  • Lithium-Ionen-Akkus basieren auf einer 40 Jahre alten Technologie, für die im Tagebau große Flächen für die Rohstoffförderung zerstört werden und mitunter zweifelhafte Arbeitsbedingungen in Kauf genommen werden. Der Wettlauf um seltene Rohstoffe verschärft soziale Spannungen.
  • Bis in die Mittelklasse hinein werden massenhaft Schraubkränze verbaut, so dass reihenweise völlig unnötig die Achsen brechen. Die bruchsichere Cassettennabe wurde in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts erfunden.
  • Selbst Premiummarken verbauen reihenweise billige Antriebsteile, die schnell verschleißen.
  • Innovationen orientieren sich selten an einem echten Nutzen, sondern forcieren den Wegwerfgedanken für weitere Verkaufssteigerungen.
  • Die fehlende technische Standardisierung und systematische Inkompatibilität verschiedener Systeme erschwert die Wiederverwendung von Komponenten oder macht sie manchmal sogar unmöglich.
  • Die Reparierfähigkeit von Fahrrädern ist durch innen liegende Züge, Leitungen, Kabel, Batterien und weitere Bauteile in den letzten zwei Jahrzehnten drastisch verschlechtert worden. Dazu kommen Verpressungen statt Verschraubungen und eine unzureichende Ersatzteilversorgung mit Kleinteilen.
  • Produktionsstandorte werden gerne unter Gesichtspunkten von Zollfreiheit und Arbeitsmindestlohn ausgesucht. Arbeitsbedingungen und Umweltschutz sind nachrangig.
  • Fahrradteile werden mit schwerölbetriebenen Schiffen von Asien zu uns transportiert. 
  • Anfragen abseits des "Business as usual" werden typischerweise ignoriert oder mit der Antwort "nicht möglich" versehen. Z.B. Connex-Ketten made in Germany auf der Rolle. Oder OEM-Belieferung Magura ohne Mineralöl in der Bremse. Oder SRAM Ketten made in Portugal auf der Rolle (wir sollen eine Order von mindestens 150.000 $ platzieren. O-Ton: "Uns interessiert nur das höher, schneller, weiter." ). Oder einzeln tauschbare Miche Ritzel made in Italy in Wunschabstufung.   
  • Die Fahrradbranche bezeichnet sich selbst als Treiber der nachhaltigen Mobilitätswende und bietet gleichzeitig keine Transparenz zu dieser Behauptung. Das ist Greenwashing, welches zukünftig von der EU verboten wird.
  • Der Vororderdruck sorgt bei den Händlern dafür, dass Endverbraucher systematisch genötigt werden, ihr altes Gebrauchtrad wegzuwerfen (Reparatur wäre günstig und ökologisch sinnvoll) und sich ein E-Bike zu kaufen (teuer und mit hoher Carbonisierung).  
  • Es gibt wenig Wissen über Nachhaltigkeit. Dass es neben Recycling auch noch mehrere Kreislaufstufen mit erheblich geringerem Ressourcenverbrauch gibt, ist kaum bekannt. Das Bewusstsein dazu wird auch nicht geschärft. Es wird in zu einfachen Kategorien gedacht und die Komplexität ausgeblendet. Nach dem Motto: Recyclingfähiger Alurahmen aus Europa plus Bremse made in Germany = nachhaltig.
  • Das Thema Nachhaltigkeit ist allzu oft bei den Marketingabteilungen angesiedelt. Vorsicht Greenwashing.
  • Die Nutzung des Fahrrades ist zwar an sich nachhaltig. Es wird aber der Image-Transfer zum E-Bike geschaffen (Akkus kritisch), als auch die Umweltrelevanz der Fahrradproduktion im Vergleich zur Autoproduktion als geringfügig heruntergespielt. Wir haben noch nicht mal Zahlen zu Recyclinganteilen bei Fahrradproduzenten gefunden, während diese z.B. bei BMW ganz klar existieren (30% und auf dem Weg zu 50%).

Das war mit Sicherheit nicht die vollständige Liste. Das Fahrrad gilt als grünes Fortbewegungsmittel. Echt jetzt? Ganz offensichtlich nicht wirklich. 

Was ist denn nun der bessere Weg? Wir wechseln mal kurz die Perspektive.

Perspektivwechsel

Wir sind es gewohnt, Dinge aus einer bestimmten Perspektive zu sehen. 

Unser  Gehirn  wäre überfordert, wenn wir ständig alles in Frage stellen würden und uns nie sicher sein könnten, was denn nun tatsächlich richtig ist. 

Allerdings erleben wir derzeit Umbrüche, bei denen sich ein Perspektivwechsel lohnt.

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